Blogger als Experten
Blogger produzieren jede Menge Content und haben gute Kontakte in soziale Netzwerke. In nicht wenigen Fällen sind sie echte Experten auf ihrem Gebiet und bereiten mit viel Leidenschaft und Sachkenntnis ihre Themen auf. Damit bereichern sie die Medienlandschaft und zeigen uns, wie Kommunikation heute geht: schnell, emotional, offen, kritisch, vielfältig, tiefgründig.
Längst haben Unternehmen und Agenturen das Marketing-Potenzial von Bloggern im Visier. Produktproben und Einladungen zu Events fördern die sog. Blogger-Relations mit dem Ziel, eine möglichst wohlwollende Berichterstattung zu bekommen und darüber hinaus gleich noch die Social-Media-Kanäle zu bespielen.
Wer sich als Blogger darauf einlässt, hat oftmals keine monetären Ziele im Sinn, wenn er Produkte testet und darüber schreibt. Doch irgendwann stellt sich auch für den ambitionierten Blogger die Frage, wieso er für lau Werbung für Unternehmen machen soll. Denn oftmals sind die entstandenen Posts tatsächlich als Werbung einzustufen – mehr oder weniger.
Spätestens jetzt hinterfragt er, auf welchen Regeln die publizistische Zusammenarbeit basiert. Die sehr häufig anzutreffende Konstellation
- Agentur zahlt nichts für den Beitrag
- einladendes Unternehmen untersagt kritische Berichterstattung
- Blogger lässt sich in seine publizistische Freiheit nicht hineinreden
führt zwangsläufig zu Spannungen.
Der Blogger muss reagieren: Lässt er sich vereinnahmen und wenn ja, wie weit? Verzichtet er künftig auf bestimmte Annehmlichkeiten? Oder findet er einen Konsens, bei dem alle Seiten ihre Glaubwürdigkeit bewahren? Das wäre freilich der Idealfall, und zwar für alle Beteiligten. Die Grenze zur Schleichwerbung ist schnell überschritten. Gefakte Publicity vergleiche ich gerne mal mit einer zusammengepressten Masse, die uns als Fleisch oder Käse verkauft wird; also schöner Schein und wenig eigentliche Substanz.
Beispiele aus der Bloggerszene
Die Bloggerin Marianna Hillmer-Wiechmann schreibt dazu aus ihrer Sicht:
Wenn Blogs demnächst genau wie klassische Medien immer mehr bezahlte Inhalte ungekennzeichnet redaktionell veröffentlichen, ist die Glaubwürdigkeit der persönlichen Erfahrung und Empfehlung schnell hinüber und die ursprüngliche Blogidee als solche hinfällig, was schade wär.
(Quelle: http://reiseblogger-kollektiv.com/7-fragen-an-marianna-hillmer-wiechmann-weltenbummler-mag/)
Wer denkt, der Leser ließe sich hinter’s Licht führen, der irrt. Sicherlich ist es manchem gleichgültig, ob der Test-Bericht auf einer Produktzuwendung basiert oder nicht. Hauptsache, er erfährt darin, was ihm wichtig ist. Aber darum geht es nicht, sondern um Glaubwürdigkeit und Transparenz dem Leser gegenüber. Deshalb empfinde ich es als wohltuend, Meinungen wie die des Privatbloggers Torsten Maue zu lesen:
Ich denke Ehrlichkeit und Transparenz sich selbst und anderen gegenüber hat noch niemandem geschadet.
. In seinem Beitrag Sponsoring von Bloggern
macht er sich Gedanken um
Fragen, die sich eigentlich jeder Blogger mal stellen sollte.
Ein praktisches Beispiel für eine transparente Kennzeichnung zeigt uns Anja Schloßmacher mit dem Beitrag über ihren Aufenthalt in einem Biohotel:
http://castlemaker.de/.
Private und berufliche Blogger liegen bei der Berichterstattung nicht weit auseinander. Das oben Gesagte trifft auch auf journalistische Rezensionen und Berichterstattungen zu, wobei Journalisten ganz klar dem Pressekodex unterliegen, den Spielraum der journalistischen Textstile ausschöpfen und für ihre Recherchen strengere Maßstäbe anlegen. Beide Seiten hat der Journalist Dominik Ruisinger kritisch in seinem Beitrag
Blogger Relations in der Glaubwürdigkeitsfalle?
betrachtet.
Welche Regeln Journalisten beim Bloggen beachten müssen, erklärt Rechtsanwalt Thomas Schwenke in seinem Beitrag Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger
:
Ebenfalls ist der Leser darüber aufzuklären, wenn ganze Artikel bezahlt werden. Ein so genanntes Kopplungsverbot verbietet es Auftragsarbeiten als objektive Artikel zu veröffentlichen. Dasselbe gilt, wenn Testprodukte gestellt werden.
Leidenschaftliche Blogger bemühen sich nicht nur um Transparenz, sondern engagieren sich für andere Blogger, wie das Projekt Mein Leben Jetzt!
nachdrücklich beweist. Auch wenn die selbstkreierte Auszeichnung „Premium Blog“ zunächst als Marketing-Gag auffällt, so steckt doch sehr viel Ernsthaftigkeit dahinter:
Wir zeichnen „Premium Blogs“ aus, die unsere auf Qualität ausgerichteten Aufnahmekriterien erfüllen.
Die Betreiber von Mein Leben Jetzt!
bestehen auf der Einhaltung der Kennzeichnungspflicht und anderer Regularieren, die bei Bloggern zum guten Ton gehören müssen.
Das Projekt ist meiner Meinung nach eine gute Orientierung für die stetig wachsende Zahl der Blogger.
In die diskutierte Problematik fallen Pressefahrten, zu denen ich selbst schon öfter eingeladen wurde. Zu Pressereisen sollte man wissen, dass die Journalisten in den allermeisten Fällen sämtliche Anreise-, Park- und andere Reisekosten selbst tragen. Ich selber habe schon öfter auf eigene Kosten aus Zeitgründen die Reise verlängert, um in Ruhe Interviews führen oder Fotos machen zu können. Dem Austausch mit Kollegen kommt für mich persönlich eine wichtige Rolle zu. Zudem lerne ich Menschen kennen, die mir später als wichtige Experten für ein Interview zur Verfügung stehen könnten.
Qualität entscheidet
Der Markt reguliert sich selbst. Blogger verlieren ihren Einfluss recht schnell, wenn nicht gekennzeichnete Werbung die Glaubwürdigkeit von Aussagen untergräbt. Gute Inhalte und reichlich Erfahrung in Recherche und Darstellung – das können Journalisten, die immer öfter von Unternehmen für die Produktion nutzwerter Inhalte angefragt werden. Sie machen sich damit ein Stück weit unabhängiger von klassischen Medien, die in vielen Fällen schlechte bis untragbare Konditionen bieten.
Ob Blogger oder Journalist: Glaubwürdigkeit und Transparenz sind wichtige Erfolgsfaktoren, um Leser zu gewinnen und Kundenbeziehungen aufzubauen.