Happy End für Puça

Marisol mit Puca
Marisol mit Puca
Tierschützer auf Mallorca retten einen kleinen Hund

Umgeben von den Hügeln der Küstenregion im Osten der Sonneninsel Mallorca liegt die mallorquinische Finca von Jutta und Ralf. Das weitläufige Gelände im Hinterland mit Wohnhaus, Freigehege, Katzenhaus, Teich und Stallungen beherbergt die deutschen Tierschützer* und ihre Schützlinge: Pferde, Hunde und Katzen. Weit abseits der Hauptstraße genießen sie die Idylle und Abgeschiedenheit des ländlichen Gebietes von Capdepera.

Der letzte Regen und die warme Oktobersonne ließen das Gras sprießen, das in saftigem Grün in der Sonne leuchtet. Johannisbrotbäume, Palmen, Mandel- und Olivenbäume verleihen der Finca ihr typisch südländisches Aussehen. Der Gesang der Grillen dringt aus den Sträuchern. Vögel zwitschern in den Zweigen des Erdbeerbaumes. Er trägt im Herbst neben Dolden weißer Blüten rote, runde und genoppte Früchte.

Gabi mit HundenPlötzlich durchbricht wildes Hundegebell die Ruhe auf der Finca. Gabi, eine Freundin der beiden deutschen Tierschützer, steigt aus ihrem Auto und wird von einer Schar Hunde bettelnd umringt. Nur einer fehlt heute: Puça.

Die kleine Mischlingshündin mit den dunklen, glänzenden Augen und den großen Ohren hockt artig auf dem Schoß von Marisol Traba Rey und genießt deren Streicheleinheiten. Die Galizierin ist gekommen, um Puça zu sehen. Sie hatte von ihr durch einen Aushang des Tierschutzvereins Capdepera in einem Geschäft erfahren. Jutta und Ralf , aktive Vereinsmitglieder, betreuen Puça seit einigen Tagen.

Traba Rey schließt an diesem warmen Oktobersonntag die Hündin sofort in ihr Herz. "Es war Liebe auf den ersten Blick". Doch das allein genügt den Tierschützern nicht. Jutta nimmt mit der Spanierin an einem runden Tisch auf der Terrasse Platz und informiert sie über den Schutzvertrag, den sie mit ihr abschließen wird. Umrangt von blühenden Zweigen der Bogenvilla, vertiefen sich die Frauen in ein Gespräch auf Spanisch.

Lenny** und seine Kameraden
Esel LennyWährenddessen verlässt der Hausesel Lenny mit seinen großen dunklen, treuen Augen den schattigen Platz unter einem großen Johannisbrotbaum und buhlt um die Aufmerksamkeit von Gabi. Doch ihre Leckereien, gekochte, klein geschnittene Fleischstücke, sind für die Hunde auf der Finca bestimmt. Cara und Susi, die Haushunde, müssen die Häppchen mit den Pflegehunden teilen. Aufgeregt schnappen sie nach dem letzten Bissen.

Urplötzlich verlieren die bellenden Vierbeiner das Interesse an Gabi. Sie stürmen Schwanz wedelnd auf Ralf zu, der dem Gast zur Begrüßung entgegenkommt. Bevor er sich mit Gabi David an einen Tisch am Pool zurückzieht, tätschelt er den Esel und steckt ihm ein Stück Brot zu. Auch den frei laufenden Hunden wird es gegen Mittag allmählich zu heiß in der Oktobersonne. Sie schlürfen etwas frisches Wasser aus einem der Näpfe und suchen sich dann ein schattiges Plätzchen. Browny bedient sich aus dem Pool und verabschiedet sich mit einem müden, beinahe traurigen Blick. Immer wieder sucht einer der Hunde die menschliche Wärme, um dann wieder im Schatten zu verschwinden.

Ein Herz für Tiere
TENDENCY Magazin für Reisen und Wohlergehen
Das Gespräch zwischen Marisol Traba Rey und Jutta dauert bereits eine halbe Stunde. Die Tierschützerin möchte möglichst viel über Puças neues Zuhaue erfahren. Den Tierschützern liegt sehr am Herzen, dass die von ihnen aufgenommenen Tiere in gute Hände gelangen. Jutta informiert Marisol Traba Rey über alle vorgenommenen tierärztlichen Maßnahmen.

Jutta und Ralf, die seit 1998 vorwiegend auf Mallorca leben, engagieren sich seit 2004 mit ihrer Pflegestelle für den Tierschutzverein Capdepera. Zuerst haben die Tierschützer spontan geholfen und dem städtischen Tierheim Capdepera finanzielle Hilfe angeboten. Doch ihre Tierliebe ging noch weiter, als sie mit akuten Situationen konfrontiert wurden. Ausgesetzte Hunde und Katzen, verdreckte, abgemagerte Pferde und Esel, hier konnten die Tierfreunde nicht einfach wegschauen. Auf der Finca von Jutta und Ralf  fanden viele Tiere ein vorübergehendes Zuhause, und auch jedes bekam einen Namen.

Die deutschen Tierschützer bringen verwahrloste und ausgesetzte Tiere zuerst zu einem Tierarzt. Manchmal übernehmen die neuen Besitzer die Tierarztkosten, doch oft tragen sie die Tierschützer selbst. Der Tierarzt stellt nicht nur den Gesundheitszustand fest, sondern führt alle notwendigen Impfungen durch. Er überprüft auch, ob ein Tier "gechipt" ist. Seit Oktober 2005 ist es in Spanien Pflicht, den Tieren einen Chip ins Ohr implantieren zu lassen. Zuwiderhandlungen werden mit bis zu 2000 Euro Geldstrafe geahndet. Anhand des Chips kann der Halter ermittelt und ggf. zur Verantwortung gezogen werden. "Doch die Behörden halten Verordnungen nicht immer ein und führen kaum nachhaltige Kontrollen der Vorschriften durch", bedauert Jutta.

"Auf Mallorca ist ein Tier eine Sache. Die Mallorquiner halten Tierschutz oftmals für ein Hobby oder gar eine Laune", versucht Ralf die Missstände zu erklären. "Und was der Nachbar tut, kümmert den anderen nicht." Er erzählt von Hunden und Katzen, die als "Babys" in mallorquinischen Familien wie Spielzeug gehätschelt werden. Wachsen sie heran, interessiert sich niemand mehr für sie. Die Tiere erfahren Gewalt oder werden einfach irgendwo ausgesetzt.

Puças junges Hundeleben
Gabi hat sich inzwischen zu den Damen gesellt, um Puças Geschichte zu hören. Sie sei exemplarisch, bekräftigt Jutta mit ernster Miene:
Im Alter von drei Monaten wurde der Welpe in Manacor ausgesetzt. In der zweitgrößten Stadt auf der Insel mit einem sehr hohen Verkehrsaufkommen irrte das Tier mehrere Tage umher, berichteten Anwohner. Doch sie vermuteten nicht, dass die kleine Hündin ausgesetzt worden war. Nach einigen Regentagen sahen sie Puça wieder. Eine junge Festlandspanierin wurde stutzig und nahm sich dem Tier an, dessen braunes Fell inzwischen völlig durchnässt war. Sie versorgte den Welpen und brachte ihn am nächsten Tag zum Tierarzt. Er war nicht gechipt, niemand kannte das Tier.

Die Spanierin aus Manacor hatte eine Anzeige vom Tierschutzverein Capdepera in der Zeitung gesehen und nahm Kontakt zu den Tierschützern auf. Sie selbst konnte Puça nicht behalten. Nach einer Woche Fürsorge und liebevoller Betreuung brachte sie Puça zu Ralf und Jutta. Sie machten einen Aushang auf Deutsch und Spanisch bei Tierärzten und in den Geschäften von Capdepera. Daraufhin hatte sich Marisol Traba Rey gemeldet.

Tierische Erfolge
"Das Interesse der Touristen am Tierschutz wächst", erzählt Jutta. Durch Eigen-PR der Tierschutzvereine auf Mallorca, Flyer, das Internet, Schaukästen, Aushänge in Geschäften und Anzeigen in deutschen und mallorquinischen Zeitungen informieren engagierte Tierschützer die Öffentlichkeit. "Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Tierschutz-Vereinen auf Mallorca klappt zunehmend besser", stellt Ralf fest. Die Tierschutzvereine haben Spendenkonten in Spanien und Deutschland eingerichtet. Die Gelder werden für Aktionen, z. B. für Kastrationen und Sterilisationen verwendet, damit sich die Tiere nicht unkontrolliert vermehren.

Die Tierschützer haben im Jahr 2005 mehr als 80 Hunde vermittelt, davon viele nach Deutschland.
"Auf unsere Annoncen hin melden sich immer wieder Flugpaten, die Tiere, vor allem kleinrassige Hunde, seltener Katzen, mit nach Deutschland nehmen", berichtet Jutta. "Der Flug kostet bis zu 28 Euro. Die Hunde werden in Flugkisten zum Flughafen gebracht. Am Zielflughafen übernehmen Kontaktpersonen die Tiere. Die Schützlinge bleiben dann bis zu ihrer Vermittlung in privaten Einrichtungen der Kontaktpersonen. "Diese Praxis sehen besonders Tierärzte in Deutschland kritisch, da die Tierheime überfüllt sind", ergänzt Ralf. "Doch die Vermittlung klappt, weil die Hunde aus Mallorca eine hohe soziale Verträglichkeit aufweisen."

Adiós!
Ralf nimmt Puça auf seinen Arm und streichelt ihr braunes Fell. Keinen Laut gibt sie von sich, sondern hält Ausschau nach ihren Kameraden. Nach gut einer Stunde sind alle Formalitäten erledigt: Wie alle Tiere, die die Finca der deutschen Tierschützer nach ca. sechs – acht Wochen Verweildauer verlassen, bekommt Puça einen europäischen Tierpass mit eingetragener Tollwutimpfung.

Marisol Traba Rey hat den Schutzvertrag unterzeichnet. Darin verpflichtet sie sich, den Hund weder zu Zucht- noch Handelszwecken zu halten. Mit diesem Passus will der Tierschutzverein verhindern, dass unkontrolliert gezüchtete Hunde auf Wochenmärkten verscherbelt werden. Der Vertrag regelt außerdem, dass Marisol Traba Rey das Tier bei Nichtgefallen zurückgeben darf. Die Tierschützer behalten sich vertraglich vor, den Kontakt zu den Tierhaltern zu pflegen. Sie möchten wissen, wie es ihren Schützlingen ergeht.

Puça reißt ihre großen dunklen Augen auf und spitzt ihre beinahe überdimensionalen Ohren. Wenig später fährt Marisol Traba Rey den holprigen Weg zur Straße hinunter. Daheim warten bereits drei Hunde auf ihr neues "Geschwisterchen".

Kontakt und Informationen
https://www.tiervermittlung.de/tierheim_2958/Animals%20Capdepera

Anmerkungen der Redaktion
* Dieser Beitrag ist nicht mehr aktuell.
** Esel Lenny ist inzwischen an einer Hufenkrankheit verstorben. Er hinterlässt viele Tierfreunde, die ihn vermissen.

[tipp]Dieser Beitrag wurde urspünglich geschrieben im Februar 2009. Da die Tierschutz-Problematik weiterhin aktuell ist, möchte ich mit der erneuten Publikation die Tierschützer unterstützen.[/tipp]

  • LIES TENDENCY

    als gedrucktes oder digitales Magazin

    Magazin TENDENCY in verschiedenen Formaten
  • UNTERSTÜTZEN
  • Unterstütze unabhängigen Journalismus mit einem Kaffee oder auch zwei;) DANKE!

  • MEMBER-Login
    Passwort vergessen?
    Mitglied werden!
    X

    Passwort vergessen?

    Mitglied werden!